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„Kreieren ohne Ziel ist pure Kunst“

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„Kreieren ohne Ziel ist pure Kunst“

Kluger Kopf: Ayan Paul wurde in Kalkutta, Indien geboren. Heute lebt der 39-jährige Teilchenphysiker in Berlin – mit seinen Gedanken und Ideen ist er weltweit unterwegs.

 

Ayan Paul, kreisen Ihre Gedanken eigentlich kontinuierlich um Big Data?
Manchmal hört mein Gehirn nicht auf zu denken. Aber ich versuche auch nicht, es bewusst, auszuschalten. Nachdenken ist für mich wie Unterhaltung. Denn Daten erzählen uns viel mehr, als wir sehen können.

Wie meinen Sie das?
Typischerweise verstehen wir vielleicht ein oder zwei Parameter. Wir geben Ja- oder Nein-Antworten, treffen Entscheidungen auf der Grundlage von ein oder zwei Bedingungen. Daten gehen aber viel weiter und bringen dich in Bereiche, die mit dem Gehirn nicht so einfach zu erfassen sind. Der Trick ist, all diese komplexen Datensätze zu nehmen und sie in eine Zahl zu verpacken, die Menschen verstehen können.

Nennen Sie bitte mal ein leicht verständliches Beispiel.
Menschen konnten schon Brücken bauen, bevor sie die Newtonschen Gesetze verstanden haben. Warum? Weil sie Daten darüber gesammelt haben, was funktioniert und was nicht: Sie bauten die erste Brücke – die stürzte ein. Sie bauten die nächste – die war etwas besser. So sind wir Menschen immer vorgegangen. So funktioniert unsere Weiterentwicklung. Wir sammeln Daten und lernen daraus.

Haben Sie schon immer so gedacht? Oder sehen Sie auch mal etwas, ohne gleich an Daten zu denken?
Natürlich habe ich nicht immer so komplex gedacht. Aber ich habe immer viel gefragt und war nie mit der ersten Antwort zufrieden. So bin ich erzogen worden. Nach Antworten zu suchen ist ein Teil meiner Persönlichkeit. Deshalb liebe ich auch die Forschung: Keiner verdenkt es mir, dass ich Fragen stelle.

Gibt es die eine große Frage?
Ja! Und die heißt: Warum bin ich hier. Ich glaube nicht, dass ich zu Lebzeiten die Antwort darauf finden werde. Aber es ist eine gute Frage. Und es wäre gut, wenn wir verstünden, warum wir sind, was wir sind, und was unsere Bestimmung ist.

Ist diese Frage auch Teil Ihrer Motivation?
Ja, und zwar aus zwei Gründen. Erstens: dem strukturellen Grund – wie wurden wir, was wir sind? Das ist mit meiner Forschung als Teilchenphysiker verknüpft. Der zweite Grund bezieht sich auf unsere Intelligenz, von deren Funktionsweise wir nur wenig Ahnung haben. Das hat mich zu KI, zur Künstlichen Intelligenz gebracht. Es ist eine Möglichkeit, sich dem Thema zu nähern: Ein System ähnlich dem eigenen zu bauen, um sich selbst zu verstehen. Außerdem beschäftige ich mich auch mit der strukturellen Dynamik von Intelligenz. Denken übers Denken fasziniert mich einfach.

Sie beschreiben sich als Denker, Erschaffer, Forscher, Physiker – sind Sie auch Idealist?
Nein! Das wäre ich vielleicht gerne – aber: Ich bin Phänomenologe. Meine Basis sind Daten. Ich überprüfe die Realität. Idealisten kreieren viel; allerdings auch ohne ein festes Ziel. Und das ist dann pure Kunst. Da bin ich gar nicht gut drin – aber ich finde das fantastisch!

 

Das Gespräch mit Ayan Paul führte Christina Mänz.