PETRA IV: Vier Fragen an Wim Leemans
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PETRA IV: Vier Fragen an Wim Leemans
Mit Leidenschaft und Engagement dabei: Als Direktor des M-Bereichs ist Wim Leemans für den Bau von DESYs Beschleunigeranlagen zuständig. Ganz oben auf seiner Liste: DESYs Zukunftsprojekt PETRA IV. (Foto: DESY, Werner Bartsch)
Wim, du bist seit Februar Bevollmächtiger des Direktoriums für das PETRA IV-Projekt. Kannst du einmal erläutern, welche Aufgaben du in dieser Rolle wahrnimmst?
Im Februar 2024 haben wir beschlossen, dass der Direktor des M‑Bereichs zum für PETRA IV zuständigen Mitglied des DESY-Direktoriums ernannt wird und in dieser Funktion das PETRA IV-Projekt nach innen und außen vertritt. Zu dieser Entscheidung hat beigetragen, dass die beiden Projektleiter des PETRA IV-Projekts – Harald Reichert und Riccardo Bartolini – ohnehin disziplinarisch im Forschungsbereich M (Beschleuniger) verankert sind und dass der M‑Bereich für den Bau aller Beschleunigeranlagen zuständig ist. Die Projektleiter sind dafür verantwortlich, dass das Projekt unter Einhaltung des Zeit- und Budgetrahmens durchgeführt wird. Meine Aufgabe besteht darin, dafür zu sorgen, dass ihnen die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung stehen, dass sie ihren Verpflichtungen als Projektleiter nachkommen und dass wir alle motiviert sind, das Projekt zu einem Erfolg zu machen. Nach außen hin sehe ich meine Aufgabe darin, das Projekt gegenüber allen Beteiligten – Nutzer:innen, Zuwendungsgebern, Kontrollgremien usw. – zu vertreten und bei der Lösung größerer Herausforderungen, die sich im Laufe des Projekts ergeben, zu helfen.
Wie ist der aktuelle Finanzierungsstand für das PETRA IV-Projekt? Ist das zugesagte Geld für die Anschubfinanzierung schon da?
Im Februar hat der Deutsche Bundestag mit der Verabschiedung des Haushalts für das Jahr 2024 eine Summe von 40 Mio. € für vorbereitende Maßnahmen für unser Zukunftsprojekt PETRA IV genehmigt. Im Zuge der 90/10-Finanzierung von DESY gewährt uns die BWFGB der Freien und Hansestadt Hamburg zusätzlich ~ 4,4 Mio. €.
Die Mittel fließen in unterschiedlichen Tranchen zu DESY. Für das Jahr 2024 wird die institutionelle Förderung um weitere ~ 5,6 Mio. € (90/10-Aufteilung) aufgestockt. Damit wird das Prototypenprogramm von PETRA IV im Bereich der Beschleuniger und Beamlines zu Ende geführt. Zusätzlich wird mit diesen Mitteln die Einführung der BIM-Methodik („Building Information Modeling“) gefördert, einer webbasierten Plattform zur Verwaltung von Bauprojekten, mit der ab 2025 alle bundesweiten Bau- und Infrastrukturmaßnahmen umgesetzt werden müssen. Alle wichtigen Bauwerksdaten werden zukünftig mithilfe von BIM digital modelliert, kombiniert und erfasst, und Bauwerke werden als virtuelle Modelle auch geometrisch visualisiert.
Die verbleibenden ~ 38,9 Mio. € werden als Projektförderung in den Jahren 2025 bis 2027 zur Verfügung stehen. Der Projektantrag hierfür ist bereits eingereicht, die formale Genehmigung steht noch aus, ist aber vor Jahresende zu erwarten. Gefördert werden mit diesen Mitteln drei Themenbereiche:
- die zeitkritischen Planungen der für PETRA IV benötigten Gebäude bis zur Entwurfsphase, beispielsweise die neue Experimentierhalle PXW im Westen des Campus
- Entwicklungsarbeiten für einen neuartigen, energieeffizienten Laser-Plasma-Injektor für PETRA IV
- die Transformation des Geschäftsmodells von PETRA, um sich weiteren Nutzergruppen, beispielsweise aus der angewandten Forschung und Industrie, zu öffnen. Darunter fällt zum Beispiel die Verkürzung der Wartezeit für den Zugang zu PETRA III/IV auf wenige Wochen. Mit weiteren Einzelmaßnahmen soll außerdem die Digitalisierung bei DESY vorangetrieben werden, von einem verbesserten Bestellsystem, über automatisierte Formulare, bis zum Einsatz von künstlicher Intelligenz bei DESY.
Was macht DESY jetzt mit dieser Anschubfinanzierung, was ist baulich auf dem Campus zu erwarten? Was kann man konkret sehen? Was passiert als nächstes?
Mit der Anschubfinanzierung werden Planungen und Prototypen von PETRA IV vorangetrieben sowie die Digitalisierung bei DESY und die Weiterentwicklung von Geschäftsprozessen bei PETRA. Die Arbeiten finden daher in den Laboren und Büros auf dem DESY-Campus statt. Konkrete Baumaßnahmen können nicht vor einer Genehmigung des PETRA IV-Gesamtprojekts begonnen werden.
Aktuell wichtigste Botschaft für DESYaner:innen – was bedeutet PETRA IV für DESY?
PETRA IV ist eine großartige Chance für unser Forschungszentrum: Unser zukünftiges Großgerät wird in Brillanz und Leistungsstärke alles Bisherige übertreffen – in Deutschland, aber auch weltweit. Etwas, worauf wir dann stolz sein können: Die weltweit beste und brillanteste Röntgenstrahlungsquelle wird von DESY gebaut und betrieben. Dem Direktorium ist natürlich bewusst, dass ein so großes Projekt auch eine Kraftanstrengung für alle bedeutet. Bereits heute arbeiten Kolleg:innen aus allen Bereichen für PETRA IV – nicht nur im Beschleunigerbereich, sondern auch Teams aus dem Einkauf, der Bauabteilung oder im Design für die verschiedenen Beamlines, und vielen weiteren Abteilungen.
Wir stehen vor der großen Herausforderung, DESY zukunftsorientiert aufzustellen, während gleichzeitig noch wichtige Entscheidungen über die Zuwendungen offen sind. Derzeit müssen alle Anstrengungen darauf gerichtet sein, das Projekt mit vorhandenen Ressourcen vorzubereiten, damit dann – wenn die Mittel bewilligt werden – ein sofortiger Projektstart erfolgen kann. Wir wissen, dass das eine hohe Belastung für viele Beschäftigte bedeutet, aber ich bin zuversichtlich, dass wir weiterhin Großes erreichen werden, angetrieben von unserer gemeinsamen Leidenschaft für Spitzenforschung und Innovationen. Mit dem berühmten DESY-Spirit schaffen wir es!